Zum Inhalt springen

Freier Beruf oder Gewerbe

Coaching und Beratung als freier Beruf oder Gewerbe?

Hinweis

Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar. Die Inhalte beruhen auf meiner persönlichen beruflichen Erfahrung sowie auf Recherchen und dem Selbststudium öffentlich zugänglicher Quellen. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Angaben kann keine Haftung übernommen werden. Bei individuellen rechtlichen Fragen oder Unsicherheiten solltest du dich an einen Rechtsanwältin oder Steuerberater*in wenden.

Einleitung

Coaching und Beratungsleistungen – insbesondere im Bereich Business Coaching – bewegen sich in Deutschland oft an der Grenze zwischen freiem Beruf und Gewerbe. Die Einordnung ist keineswegs nur formal: Sie bestimmt, ob eine Gewerbeanmeldung und Mitgliedschaft in der IHK nötig ist und ob Gewerbesteuer anfällt. Zudem stellt sich die Frage, ob bestimmte Formen von Coaching (z.B. mit psychologischem Schwerpunkt) einer besonderen beruflichen Zulassung bedürfen. In diesem Bericht werden der aktuelle rechtliche Stand sowie relevante Urteile beleuchtet. Klare Abgrenzungen zeigen auf, welche Coaching-Tätigkeiten ohne Gewerbeanmeldung als freier Beruf möglich sind und in welchen Fällen eine Gewerbepflicht bzw. besondere Erlaubnis besteht. Abschließend werden die Voraussetzungen für die Anerkennung als Freiberufler zusammengefasst.

Freier Beruf vs. Gewerbe

Grundlagen und Unterschiede

In Deutschland unterscheidet das Steuer- und Gewerberecht zwischen Freien Berufen und gewerblichen Tätigkeiten. Freiberufler (freie Berufe) sind im Einkommensteuergesetz (§18 EStG) definiert: Dazu zählen bestimmte katalogartig aufgezählte Berufe (z.B. Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure, Beratende Betriebswirte etc.) sowie ähnlich gelagerte Tätigkeiten, die eine höherqualifizierte, selbständige Dienstleistung erfordern. Auch selbständige Tätigkeiten wissenschaftlicher, künstlerischer, schriftstellerischer, unterrichtender oder erzieherischer Art gelten als freier Beruf. Alle anderen selbständigen Tätigkeiten fallen in der Regel in die Gewerblichkeit.

Die Unterscheidung hat praktische Folgen: Freiberufler melden sich nur beim Finanzamt an, benötigen keinen Gewerbeschein und sind von der Gewerbesteuer befreit. Sie müssen auch keine IHK-Beiträge zahlen und unterliegen weniger strengen handelsrechtlichen Pflichten. Gewerbetreibende hingegen müssen beim Gewerbeamt ein Gewerbe anmelden, der IHK angehören und ggf. Gewerbesteuer zahlen. Entscheidend ist deshalb die zutreffende Einstufung.

Wichtig: Freiberufliche Tätigkeiten zeichnen sich durch persönliche Fachqualifikation und Eigenverantwortlichkeit aus. Fehlt es an einer besonderen Qualifikation oder ist die ausgeübte Tätigkeit nicht als “höherwertig” im Sinne der freien Berufe anerkannt, stufen Behörden sie oft als Gewerbe ein. Die Gewerbeämter neigen dazu, gerade im Bildungs- und Coachingbereich skeptisch zu prüfen: Ist für eine Tätigkeit keine besondere berufliche Qualifikation erforderlich, wird häufig argumentiert, es liege keine freiberufliche, sondern eine gewerbliche Leistung vor. Diese grundsätzlichen Prinzipien bilden den Hintergrund für die folgende Betrachtung von Coaching und Beratung.

Coaching und Beratung als freiberufliche Tätigkeit

Unter bestimmten Voraussetzungen können Coaching- oder Beratungsleistungen als freier Beruf anerkannt werden. Die möglichen Ansatzpunkte für eine Freiberuflichkeit im Coaching-Bereich sind:

  • Anknüpfung an einen Katalogberuf (Beratender Betriebswirt): Das deutsche Steuerrecht kennt den „beratenden Betriebswirt“ als freien Beruf. Ein Business-Coach mit entsprechendem betriebswirtschaftlichem Hochschulabschluss oder gleichwertiger Qualifikation kann versuchen, hierunter zu fallen. Die Rechtsprechung verlangt, dass man eine einschlägige Ausbildung in Betriebswirtschaft (Uni, FH, staatl. gepr. Betriebswirt) oder ein vergleichbares Selbststudium mit Praxiserfahrung absolviert hat. Außerdem muss das Leistungsbild breit angelegt sein: Der Coach sollte Kenntnisse aus allen wesentlichen Bereichen der BWL besitzen und in seiner Beratung einsetzen. Beispiel: Ein selbständiger Unternehmensberater, der Unternehmen in Fragen der Unternehmensführung, Organisation, Finanzierung und Personalentwicklung berät, kann als beratender Betriebswirt freiberuflich sein – insbesondere wenn er einen passenden Abschluss (z.B. Dipl.-Kaufmann) vorweisen kann. Ist das Beratungsfeld dagegen zu eng spezialisiert (etwa nur Stressprävention oder “Blockaden lösen”), kann dies als nicht ausreichend breit angesehen werden, um freiberuflich zu sein. Im Zweifel ist eine Einzelfallprüfung durch das Finanzamt notwendig.
  • Unterrichtende bzw. lehrende Tätigkeit: Coaching kann dann ein freier Beruf sein, wenn es im Kern unterrichtend ausgeübt wird. Das bedeutet, der Coach vermittelt Wissen oder Fähigkeiten in organisierter Form an Teilnehmer (analog zu einem Dozenten oder Trainer). Entscheidend ist ein systematischer Lehransatz. Gruppen-Coaching in Seminarform wird von Gerichten klar als unterrichtende Tätigkeit und damit freiberuflich anerkannt. So hat etwa das Finanzgericht Nürnberg entschieden, dass selbständige Unternehmensberater, die seminarmäßig Führungskräfte schulen, um ihnen Coaching-Fähigkeiten zu vermitteln, unterrichtend tätig sind. In diesem Fall liegt also eine freiberufliche Lehrtätigkeit vor. Sogar Einzelcoachings können unterrichten sein, wenn sie einem festen Lehrplan folgen. Allerdings wird bei Einzel-Coaching ohne Lehrplan kein Unterricht gesehen, sondern individuelle Beratung. Zusammengefasst: Wer als Coach vor Gruppen auftritt, Workshops/Seminare abhält oder Vorträge hält, erfüllt in der Regel die Merkmale einer freiberuflichen Unterrichtstätigkeit. Dies gilt umso mehr, wenn ein strukturierter Lehrstoff vermittelt wird und eine organisierte Form des Lernens vorliegt (Curriculum, Lernzielkontrolle etc.).
  • Anschluss an katalognahe akademische Berufe: Coaching kann auch dann freiberuflich sein, wenn es Teil eines anerkannten Berufsbildes aus z.B. Psychologie, Pädagogik, Medizin, Rechtsberatung oder Theologie ist und der Coach die entsprechende Hochschulausbildung hat. Der Gesetzgeber zählt diese Bereiche zu den geschützten freien Berufen. Ein Coach mit einem Diplom in Psychologie, der im Bereich Personalentwicklung coacht, kann sich etwa auf seine psychologische Fachkunde stützen. Ebenso könnte ein Trainer mit pädagogischem Hochschulabschluss seine Tätigkeit als pädagogische/erzieherische Lehrtätigkeit einstufen. Wichtig ist die einschlägige Hochschulausbildung in dem jeweiligen Berufsbild. Ein aktuelles Beispiel: Eine „Wirtschaftspsychologin (B.A.)“ mit langjähriger Erfahrung im Personalwesen plante, als Business Coach selbständig zu arbeiten. Ihre Tätigkeit liegt teils im psychologischen Bereich (Stressbewältigung, mentale Blockaden lösen) und teils im betriebswirtschaftlichen Bereich (Führungskräfte-Coaching). In der offiziellen Beratung wurde ihr bestätigt, dass aufgrund ihres Studienabschlusses in Arbeits- und Organisationspsychologie und der Berufserfahrung eine Freiberuflichkeit denkbar ist. Sie erfüllt nämlich streng genommen die Kriterien einer psychologischen Beraterin. Gleichzeitig verfügt sie über BWL-Kenntnisse (Betriebswirtin IHK), was einen alternativen Ansatz über den beratenden Betriebswirt bietet. Dieses Beispiel zeigt: Mit einschlägiger akademischer Qualifikation kann Coaching je nach Schwerpunkt als psychologische oder betriebswirtschaftliche Beratung im Sinne freiberuflicher Tätigkeit eingeordnet werden.

Zusammengefasst existieren also verschiedene Wege, wie Coaching/Consulting als freier Beruf gelten kann: Entweder über die Qualifikation und Breite der Beratung (BWL-Consultant), über den Lehr- und Trainingscharakter der Tätigkeit oder über die Verankerung in einem katalogähnlichen akademischen Beruf (z.B. Psychologe, Pädagoge). Im Idealfall greifen mehrere dieser Punkte ineinander. Dennoch bleibt die Abgrenzung in der Praxis oft schwierig, wie der nächste Abschnitt zeigt.

Gewerbepflicht: Wann Coaching als Gewerbe einzustufen ist

Viele Coaching- und Beratungsleistungen erfüllen nicht die strengen Kriterien der Freiberuflichkeit und unterliegen damit der Gewerbeanmeldepflicht. Nach aktueller Rechtslage und Gerichtsurteilen sind insbesondere folgende Konstellationen gewerblich:

  • „Nur-Coaching“ ohne anerkannte Spezialisierung: Selbständige Coaching-Spezialisten, die sich ausschließlich als Coach betätigen und keine klassische BWL-Beratung anbieten, zählen nicht als „beratende Betriebswirte“ im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Die offizielle Begründung: Diese Coaches fokussieren sich typischerweise auf die persönliche Entwicklung des Klienten und eben nicht auf die betriebswirtschaftliche Fachberatung im kommunikativen Bereich. Damit fallen sie aus dem Katalogberuf heraus. Solche reinen Coaches – beispielsweise Life-Coaches für Einzelpersonen – werden vom Finanzamt regelmäßig als Gewerbetreibende angesehen, sofern nicht doch eine Unterrichts- oder katalognahe Tätigkeit vorliegt.
  • Individuelles Einzelcoaching ohne Lehrplan: Wird Coaching in Form von individueller Beratung einzelner Mitarbeiter oder Klienten durchgeführt (etwa Führungs- oder Karriere-Coaching eins zu eins), fehlt oft der Unterrichtscharakter. Nach dem FG Nürnberg liegt dann keine freiberufliche Unterrichtstätigkeit mehr vor. Konkret: Sobald einzelne Mitarbeiter direkt gecoacht werden – also personalisierte Beratung statt Seminar –, ist dies nicht freiberuflich, es sei denn, es gibt einen klaren Lehr- bzw. Trainingsplan. In der Regel wird Einzelcoaching als Beratungsdienstleistung gewertet. Wenn diese Beratung wiederum nicht die hohen Anforderungen an einen freien Beratungsberuf (siehe beratender Betriebswirt) erfüllt, bleibt nur die Einordnung als Gewerbe. Die Faustregel lautet: Personenbezogenes Coaching ohne schulmäßiges Programm = gewerblich. Das Finanzministerium fasst zusammen: Wird für einen Kunden ein auf seine speziellen Bedürfnisse abgestimmtes, nicht auf ein Fachgebiet begrenztes Programm entwickelt, steht die individuelle Beratung im Vordergrund – in einem solchen Fall liegt keine unterrichtende Tätigkeit vor. Eine derartige beratende Coaching-Tätigkeit löst Gewerbepflicht aus, sofern sie nicht doch die Kriterien eines freien beratenden Berufs (z.B. breites BWL-Consulting) erfüllt.
  • Fehlende fachliche Qualifikation oder zu enges Tätigkeitsfeld: Auch wer als Unternehmensberater oder Coach tätig ist, aber keine vergleichbare Ausbildung zum beratenden Betriebswirt vorweisen kann, wird steuerlich als Gewerbetreibender geführt. Ein Urteil des FG München bestätigt: Ein Unternehmensberater ohne einschlägiges BWL-Studium oder gleichwertige Qualifikation ist gewerblich tätig. Ebenso wird eine Beratung, die sich nur auf einen sehr engen Teilbereich der Betriebswirtschaft erstreckt, als gewerblich eingestuft. Ein Business-Coach, der z.B. ausschließlich Stressmanagement und Persönlichkeitsentwicklung anbietet, könnte darunter fallen – denn Gerichte sehen etwa „Blockaden überwinden“ oder „Stressprävention“ nicht als klassische Aufgaben eines beratenden Betriebswirtes. In solchen Fällen argumentiert das Finanzamt häufig, dass keine freiberufliche Beratung vorliegt, sondern eine gewerbliche Tätigkeit, weil das Tätigkeitsfeld nicht den erforderlichen fachlichen Breitenanspruch erfüllt.
  • Lehrtätigkeit ohne ausreichenden Nachweis der Professionalität: Obwohl Dozenten- und Unterrichtstätigkeiten grundsätzlich freiberuflich sind, haben einige Gewerbeämter begonnen, auch hier genauer hinzuschauen. Wenn z.B. jemand als Coach Workshops gibt, aber keine formale Ausbildung hat, kann die Behörde zweifeln, ob das wirklich eine „höherwertige“ Lehrleistung ist. In der Praxis wurden Fälle bekannt, in denen z.B. Sport- und Entspannungskurse oder Freizeit-Coachings als Gewerbe deklariert wurden, mit der Begründung, es fehle an einem geschützten Beruf oder an einem staatlich anerkannten Abschluss für diese Lehrtätigkeit. Coaches sollten darauf vorbereitet sein, ihre Qualifikation und den Lehrcharakter ihrer Angebote darzulegen, um die Freiberuflichkeit zu verteidigen.

Zusammengefasst lässt sich sagen: Immer dann, wenn Coaching nicht eindeutig als Lehrtätigkeit oder fachbezogene Beratung auf hohem Niveau eingestuft werden kann, droht die Gewerbepflicht. Insbesondere Einzel- und Lifecoaching, das auf die Persönlichkeit des Kunden abzielt und kein standardisiertes Curriculum hat, wird im Zweifel dem Gewerbe zugeordnet. Die Grenze ist jedoch fließend und hängt vom Einzelfall ab. Kleine Abweichungen in der Tätigkeitsbeschreibung können ein anderes steuerliches Ergebnis bewirken. Daher ist es ratsam, die genaue Ausgestaltung der Coaching-Leistungen kritisch zu prüfen und ggf. mit dem Finanzamt abzustimmen. Im nächsten Abschnitt betrachten wir die spezielle Frage nach psychologischem Coaching und heilkundlichen Aspekten.

Psychologisch orientiertes Coaching – Braucht man eine besondere Zulassung?

Ein wichtiger Sonderfall ist psychologisch ausgerichtetes Coaching, das in Richtung Lebensberatung oder Therapie geht. Hier stellt sich nicht nur die Frage Freiberufler vs. Gewerbe, sondern auch, ob eine Heilkundezulassung erforderlich ist. Grundsätzlich gilt nach dem deutschen Heilpraktikergesetz (HeilPrG): Wer Heilkunde ausübt (also die Behandlung von Krankheiten, insbesondere psychischen Störungen) benötigt eine staatliche Erlaubnis. Ohne Approbation als Arzt/psychologischer Psychotherapeut oder Heilpraktiker macht man sich strafbar.

Coaching an sich richtet sich an gesunde Personen und dient der persönlichen Entwicklung, Leistungssteigerung oder Prävention. Solange ein Coach keine Diagnosen stellt oder psychische Leiden behandelt, fällt seine Tätigkeit nicht unter die Heilkunde. Dafür ist keine besondere behördliche Zulassung erforderlich – die Berufsbezeichnung Coach ist rechtlich nicht geschützt. Allerdings ist die Abgrenzung in der Praxis oft schwierig: Einige Coaches werben damit, Ängste, Phobien oder sogar Depressionen anzugehen. Hier überschreiten sie die Schwelle zur Therapie, was erlaubnispflichtig ist. Beispielsweise erwähnte ein Berufsverband-Fall „Wettbewerber“, die ohne Heilerlaubnis Behandlungen von „Ängsten, Phobien, Raucherentwöhnung (ICD-10: F40, F41, F17)“ anbieten. Solche Leistungen gehören eindeutig zur Psychotherapie, und gegen die Anbieter kann strafrechtlich vorgegangen werden (Verstoß gegen §5 HeilPrG).

Fazit für Coaches mit Psychofokus: Wer als Coach etwa in Bereichen wie Stressbewältigung, Traumaaufarbeitung, Angstüberwindung etc. tätig sein will, muss sehr aufpassen. Ohne entsprechende Approbation oder Heilpraktikererlaubnis darf man keine psychischen Erkrankungen behandeln. Ein „psychologischer Coach“ ohne Heilerlaubnis darf z.B. an mentale Stärke oder allgemeine Lebenszufriedenheit arbeiten, aber sobald ein krankenheitswertiges Problem vorliegt, endet die erlaubte Beratung. Viele seriöse Coaches grenzen ihr Angebot daher klar von Therapie ab und arbeiten ggf. mit Psychotherapeuten zusammen. Eine Möglichkeit ist, die Prüfung zum Heilpraktiker (beschränkt auf Psychotherapie) abzulegen. Mit dieser Zulassung darf man therapeutisch arbeiten – man ist dann praktisch Heilpraktiker und wird vom Gesetz als Angehöriger eines Heilberufs betrachtet. Die Ausübung der Heilkunde wäre legal, und zugleich werden Heilpraktiker vom Finanzamt als Freiberufler anerkannt (Heilberuf nach §18 EStG).

Andererseits, wenn ein Coach tatsächlich studierter Psychologe ist und z.B. Beratung von gesunden Personen zu Lebensfragen anbietet, bewegt er sich im Rahmen psychologischer Beratung, die als solche freiberuflich sein kann. In der Praxis wird hier oft argumentiert, dass ein Psychologe mit Coaching-Tätigkeit zumindest einen wissenschaftlichen Beratungsberuf ausübt – eine besondere staatliche Zulassung ist dafür nicht erforderlich (solange keine Psychotherapie im Sinne des Psychotherapeutengesetzes durchgeführt wird). Der Coach kann seine Hochschulausbildung ins Feld führen, um den freien Beruf zu begründen. Wichtig ist aber: Er sollte offenlegen, dass keine behandlungsbedürftigen Störungen therapiert werden. Sobald es in Richtung Heilbehandlung geht, gilt wieder die Pflicht zur Heilpraktiker- oder Psychotherapeutenlizenz.

Zusammengefasst: Psychologisch orientiertes Coaching ist nicht per se zulassungspflichtig, wenn es um allgemeine Lebenshilfe, Personalentwicklung oder Prävention bei gesunden Menschen geht. Hier steht eher die Frage nach Gewerbe/Freiberuf im Vordergrund, je nach Qualifikation des Coaches (Psychologen können freiberuflich arbeiten). Sobald jedoch therapeutisch gearbeitet wird (Behandlung psychischer Krankheiten), ist eine besondere Erlaubnis unabdingbar – andernfalls macht sich der Coach strafbar. Mit entsprechender Erlaubnis (Heilpraktiker o.Ä.) würde die Tätigkeit wiederum als freier Heilberuf gelten. Coaches müssen diese Grenze genau kennen und einhalten.

Online-Coaching und Fernunterricht

Neue Zulassungspflichten durch aktuelles Urteil

In jüngster Zeit hat sich für Coaches und Berater, die ihre Dienste online anbieten, ein weiterer rechtlicher Aspekt ergeben: das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG). Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom Juni 2025 (Az. III ZR 109/24) klargestellt, dass viele Online-Coaching-Programme unter dieses Gesetz fallen. Das FernUSG schützt Teilnehmer von Fernlehrgängen und schreibt vor, dass entgeltliche Fernunterrichtsangebote von der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) zugelassen sein müssen. Fehlt diese Zulassung, sind Verträge mit Teilnehmern nichtig – der Coach muss das Honorar zurückerstatten.

Der BGH konkretisierte, wann ein Online-Coaching als Fernunterricht gilt:

  • Wissensvermittlung gegen Entgelt: Sobald vertraglich die entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen oder Fähigkeiten irgendeines Inhalts vereinbart ist, greift das FernUSG. Ein online angebotenes Mentoring- oder Coaching-Programm, das den Teilnehmern etwas beibringt (sei es fachliche Weiterbildung, Persönlichkeitsentwicklung, finanzielle Bildung usw.), erfüllt dieses Kriterium.
  • Räumliche Trennung: Fernunterricht liegt vor, wenn Lehrende und Lernende überwiegend räumlich getrennt sind. Der BGH stellte klar, dass dies auch bei modernen E-Learning-Formen der Fall ist – z.B. bei Live-Videokonferenzen, die aufgezeichnet werden, oder wenn zusätzlich asynchrone Inhalte (Videos, E-Mails, Chats) genutzt werden. Also selbst wenn es Live-Zoom-Sessions gibt, kann das als Fernunterricht zählen, sofern ein großer Teil der Interaktion nicht zeitgleich am gleichen Ort stattfindet.
  • Überwachung des Lernerfolgs: Ein wesentliches Merkmal des Fernunterrichts ist die Lernkontrolle durch den Lehrenden. Laut BGH reicht hierfür bereits aus, dass Teilnehmer z.B. im Webinar Fragen stellen und Antworten erhalten (eine Form der Erfolgskontrolle). Man braucht kein formales Prüfungswesen – schon Feedback und Q&A können genügen, um eine Überwachung des Lernerfolgs anzunehmen.
  • Anwendbarkeit auch im B2B-Bereich: Besonders bemerkenswert ist, dass der BGH entschied, das FernUSG gelte nicht nur im Verbraucherbereich (Coach = Unternehmer, Kunde = Verbraucher), sondern auch, wenn beide Seiten Unternehmer sind. Das heißt, selbst Business-Coaching-Verträge mit Selbständigen oder Firmen (B2B) fallen unter das Gesetz, sofern die oben genannten Merkmale erfüllt sind.

Für Coachs, Mentoren und Trainer bedeutet dieses Urteil: Wer online strukturierte Kurse, Programme oder Ausbildungen anbietet – etwa ein mehrmonatiges Mentoring-Programm mit Videos, Homework und Feedback – benötigt eine Zulassung der ZFU. Fehlt diese, läuft man Gefahr, dass Kunden später das gezahlte Geld zurückverlangen können mit Verweis auf die Nichtigkeit des Vertrags. Im vom BGH entschiedenen Fall ging es um ein neunmonatiges „Business-Mentoring-Programm Finanzielle Fitness“, das ohne ZFU-Zulassung angeboten wurde. Der Teilnehmer kündigte vorzeitig und bekam Recht: mangels Zulassung musste der Coach die bereits gezahlten ~23.500 € erstatten.

Praxis-Tipp: Online-Coaches sollten ihre Angebote daraufhin prüfen, ob sie unter Fernunterricht fallen. Ausnahmen vom FernUSG gibt es zwar (z.B. reine Freizeitkurse ohne Ernstcharakter, sehr kurze Workshops unter 2 Tagen, oder Angebote, die überwiegend Präsenz sind). Doch sobald ein Programm längerfristig angelegt ist, Wissen vermittelt und hauptsächlich digital erfolgt, ist Vorsicht geboten. Gegebenenfalls sollte man eine ZFU-Zulassung beantragen oder das Konzept anpassen. Dieses Themenfeld betrifft zwar die Vertrags- und Bildungsrecht-Ebene (nicht die steuerliche Freiberuflichkeit), ist aber für viele Coachs geschäftskritisch – ein neues rechtliches Entwicklungsfeld sozusagen, das aus einem aktuellen Urteil hervorgegangen ist.

Voraussetzungen für die Anerkennung als Freiberufler

Abschließend soll klar umrissen werden, was ein Coach/Berater erfüllen muss, um vom Finanzamt als Freiberufler anerkannt zu werden – und welche Tätigkeiten ohne Gewerbeanmeldung möglich sind. Die wichtigsten Voraussetzungen und Kriterien sind:

  • Hochqualifizierte Ausbildung oder gleichwertige Expertise: In aller Regel ist ein einschlägiger Hochschulabschluss Voraussetzung, um als freier Beruf durchzugehen – zumindest dann, wenn man sich auf einen katalogmäßigen Beruf beruft. Für beratende Betriebswirte etwa fordert die Rechtsprechung ein abgeschlossenes Studium der BWL oder einen staatlich geprüften Betriebswirt. Alternativ kann ausnahmsweise eine vergleichbare Qualifikation durch langjährige Praxis und Selbststudium anerkannt werden. Auch bei psychologischen oder pädagogischen Coaches wird man ein entsprechendes Studium erwarten (Psychologie, Pädagogik etc.), um die Freiberuflichkeit zu rechtfertigen. Kurzfristige Coach-Zertifikate ohne akademischen Hintergrund reichen in der Regel nicht aus.
  • Breite und Höhe der fachlichen Kenntnisse: Nicht nur das Diplom an der Wand zählt, sondern auch, ob der Coach sein Wissen breit gefächert einsetzt. Ein freier Berater muss mehrere Hauptgebiete seines Fachs abdecken können. Die BFH-Rechtsprechung nennt bei Betriebswirten z.B. als Kernbereiche: Unternehmensführung, Produktion/Dienstleistung, Materialwirtschaft, Finanzierung, Vertrieb, Rechnungswesen und Personal. Wer nur einen kleinen Ausschnitt (etwa nur Marketing oder nur Life-Balance) anbietet, wird eher dem Gewerbe zugerechnet. Für Unterrichtstätigkeiten gilt analog: Der Lehrstoff sollte ein gewisses Niveau und Umfang haben – reine Hobbykurse oder Coaching ohne systematischen Inhalt erfüllen den „Höherwertigkeits“-Anspruch freier Lehrberufe nicht.
  • Persönliche Leistung & Eigenverantwortlichkeit: Freiberufler erbringen ihre Dienste persönlich und eigenverantwortlich. Sobald ein größeres Unternehmen mit angestellten Coaches entsteht, nähert man sich dem Gewerbebetrieb. (Dieser Punkt ist vor allem relevant, wenn ein Coach später expandiert und z.B. ein Coaching-Institut gründet – hier können die Einkünfte gewerblich werden, wenn die persönliche Prägung der Leistungen zurücktritt. In unserem Kontext der Einzelgründung ist dies zunächst weniger im Fokus.)
  • Klare Abgrenzung von heilkundlichen Tätigkeiten: Falls im Coaching-Feld Leistungen erbracht werden, die an Therapie grenzen, muss – wie oben erläutert – eine Heilpraktiker-Erlaubnis vorliegen. Ohne diese Erlaubnis dürfen solche Leistungen gar nicht angeboten werden, geschweige denn als freier Beruf gelten. Mit entsprechender Erlaubnis (z.B. als Heilpraktiker für Psychotherapie) kann die Tätigkeit als Heilberuf freiberuflich sein.
  • Dokumentation gegenüber den Behörden: In der Praxis entscheidet zunächst das Finanzamt über die Einstufung, ggf. in Abstimmung mit dem Gewerbeamt. Es ist ratsam, bei der Anmeldung der selbständigen Tätigkeit eine präzise Tätigkeitsbeschreibung abzugeben und vorhandene Qualifikationen (Zeugnisse, Zertifikate) beizufügen. Im Zweifel sollte man das Gespräch mit dem Sachbearbeiter suchen. Akzeptiert das Finanzamt die Anmeldung als „selbständige (freiberufliche) Tätigkeit“, erfolgt keine Gewerbesteuerfestsetzung. Diese formlose Anerkennung ist allerdings keine Garantie; sie kann bei späteren Prüfungen hinterfragt werden. Wer absolute Sicherheit will, kann beim Finanzamt eine verbindliche Auskunft zur Einstufung beantragen – das ist jedoch kostenpflichtig und an strenge Anforderungen geknüpft.

Nachdem die Kriterien dargelegt sind, hilft eine kurze Übersicht mit Beispielen, was typischerweise ohne Gewerbeanmeldung als freier Beruf betrieben werden kann und was nicht:

Tabellarische Übersicht: Beispiele und rechtliche Einordnung

Tätigkeit / BeispielEinordnung (Freier Beruf oder Gewerbe)
Umfassende Unternehmensberatung (Strategie, Finanzen, Organisation, Personal) auf Basis eines BWL-Studiums.Freier Beruf (als beratender Betriebswirt anerkannt).
Management-Coaching in Seminarform – z.B. Workshops für Führungskräfte, Vermittlung von Coaching-Fähigkeiten an Gruppen.Freier Beruf (unterrichtende Tätigkeit).
Vorträge und Trainings zu Fachthemen (etwa im Rahmen der Personalentwicklung, Kommunikation, etc.).Freier Beruf (unterrichtend).
Einzelcoaching von Klienten ohne festen Lehrplan, individuell auf persönliche Probleme oder Ziele ausgerichtet.Gewerblich (individuelle Beratung, kein Unterricht).
Life-Coaching / Persönlichkeitsberatung ohne psychologischen Hochschulabschluss, z.B. auf Grundlage eigener Lebenserfahrung.Gewerblich (kein anerkannter freier Beruf mangels spezifischer Qualifikation).
Psychologische Beratung durch einen Diplom-Psychologen (ohne Diagnose oder Behandlung von Krankheiten).Freier Beruf (wissenschaftlicher Beratungsberuf im psychologischen Bereich).
Therapie-Coaching (Behandlung von Angststörungen, Traumata etc.) ohne Heilpraktiker- oder Therapeutenzulassung.Unzulässig (Verstoß gegen Heilpraktikergesetz).
(Mit Heilpraktiker-Erlaubnis möglich – dann freier Heilberuf)
Online-Mentoring-Programm (mehrmonatiger Fernkurs mit Videos, Chat und Feedback, z.B. „Business Coaching online“).Zulassungspflichtig nach FernUSG – bei fehlender ZFU-Zulassung gilt die Tätigkeit als rechtswidrig im Sinne des Fernunterrichtsrechts.

Hinweis: Die obige Tabelle vereinfacht; jede Einstufung hängt vom konkreten Einzelfall ab. Gerade im Grenzbereich kann die Argumentation und Ausgestaltung der Tätigkeit den Ausschlag geben.

Fazit

Die Rechtslage für Coaches und Berater in Deutschland erfordert eine sorgfältige Positionsbestimmung der eigenen Tätigkeit. Freiberuflichkeit ist in diesem Sektor möglich – insbesondere für hochqualifizierte Unternehmensberater, Trainer und akademisch geschulte Spezialisten, die ihr Wissen in breiter Form weitergeben. Auch ein Coach mit psychologischem oder pädagogischem Hintergrund kann freier Berufler sein, sofern er in seinem Fach bleibt und keine heilkundliche Therapie ohne Zulassung anbietet. Gewerbeanmeldung ist hingegen Pflicht für all jene, die „nur“ coachen ohne anerkannten beruflichen Background oder ohne Unterrichtscharakter. Die aktuelle Rechtsprechung (Finanzgerichte und BFH) bestätigt diese Linie: Seminare und umfangreiche Beratung = freier Beruf, individualisiertes Coaching ohne nachweisbare Qualifikation = Gewerbe. Zugleich erinnern Urteile daran, dass bei psychotherapeutisch anmutendem Coaching eine offizielle Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz nötig ist.

Neu hinzugekommen ist die Dimension des Fernunterrichts: Online-Coaching-Angebote müssen die Anforderungen des FernUSG beachten, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Für Praktiker bedeutet dies: Man sollte bereits vor der Gründung genau prüfen, wo die eigene Dienstleistung einzuordnen ist. Gegebenenfalls lohnt es sich, eine steuerliche Beratung in Anspruch zu nehmen oder eine Auskunft der Behörde einzuholen. Mit den richtigen Qualifikationen und einer klar umrissenen Tätigkeit steht einer Einstufung als Freiberufler nichts im Wege – und man spart sich bürokratischen Aufwand sowie Gewerbesteuer. Ist die Tätigkeit jedoch eher gewerblich geprägt, sollte man von Anfang an transparent ein Gewerbe anmelden, um spätere Probleme (z.B. Nachzahlung von Steuern, Ärger mit der IHK) zu vermeiden. In jedem Fall trägt die Kenntnis der aktuellen Urteile und rechtlichen Entwicklungen dazu bei, die eigene Coaching-Tätigkeit rechtskonform und optimal aufgestellt auszuüben.

Quellen

Die Ausführungen stützen sich auf Informationen des BMWK-Existenzgründungsportals existenzgruendungsportal.de, Fachbeiträge (Coaching-Magazin, Verbandsinformationen) (heilpraktikerverband.de), sowie aktuelle Entscheidungen des BGH und der Finanzgerichtsbarkeit (e-recht24.de).

Zurück >>

Newsletter

Denk anders, handle neu

Wir senden keinen Spam! Erfahre mehr in unserer Datenschutzerklärung.